Page 14 - Geschichte der Deutschen in Ungarn
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1 Deutsche im mittelalterlichen Ungarn

1486 weitete König Matthias diese Freiheitsrechte der von den Siedlern gewählt und vom König bestätigt
auf alle sächsischen Bewohner Siebenbürgens aus, also wurde. Die Abgaben und Pflichten wurden genau
auch auf das neu hinzugekommene Nösner Land mit festgelegt, darunter auch Truppen für die Armee des
Bistritz als Zentrum. Damit wurde die Bildung der Königs zu stellen. Dieser Freiheitsbrief wurde1317
sächsischen Nation und ihrer Selbstverwaltung in der und 1328 von Karl I. Robert erneuert und schließlich
Gestalt der Nationsuniversität mit Sitz in Hermannstadt 1370 in den 95 Artikeln der „Zipser Willkür“, dem
abgeschlossen. mittelalterlichen Grundgesetz der Zipser Sachen
zusammengefasst. R A18
Das „Andreanum“ wurde das Grundgesetz der
Siebenbürger Sachsen auf dem Königsboden, und Die wirtschaftliche
blieb bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts gültig. Bedeutung der Zips

Gegen die Türkeneinfälle wehrten sich die Im 14. Jahrhundert erreichte die Zips ihre höchste
Siebenbürger Sachsen mit groß angelegten wirtschaftliche und kulturelle Blüte. Wirtschaftlich
Verteidigungsanlagen: mit ummauerten Städten gesehen fußte diese einerseits auf dem Abbau von
und Wehrkirchen, Kirchenburgen. Gold, Silber, Blei, Kupfer, Schwefelkies, Antimon,
R B 7, B 8, A 16 Kobalt, Quecksilber. Die sieben oberungarischen
Bergstädte gelangten unter Führung von Göllnitz,
Die deutsche Besiedlung Schmöllnitz und Zipser Neudorf zu Reichtum und
der Zips und Oberungarns Ansehen. Andererseits war das auch der günstigen
Verkehrslage zu verdanken. In der Zips kreuzten
Die erste Siedlungsinitiative für die Zips wird sich nämlich wichtige Handelsstraßen, deren eine
gleichfalls König Géza II. zugeschrieben. In der von der Ostsee an die Adria führte, während
Zips war das Ziel des Königs etwas anders als in die zweite Handelsstraße Mitteleuropa mit dem
Siebenbürgen. Es galt hier den immer näher an die Schwarzmeergebiet und dem Steppenland der
Karpaten heranrückenden Besiedlungsaktionen durch Ukraine und Südrussland verband. Daher brachte
polnische Herzöge mit eigener Ansiedlung entgegen auch der Transit- und Exporthandel mit Erzen,
wirken, um diese strategisch wichtige Region zu sichern. Leinwand, Tuch, ungarischem Wein, Schmuck, Fellen,
Lederwaren und Schafskäse immer größeren Gewinn.
Während in der Oberzips hauptsächlich Bauern und RA19
Handwerker aus dem östlichen Mitteldeutschland und
Schlesien eine neue Heimat fanden, ließen sich in der Sehr bedeutend war auch das Zipser Handwerk.
Unterzips, am Gründner Boden und im Göllnitztal, Seine verschiedenen Zünfte organisierten
vor allem aus Bayern und Tirol stammende Bergleute Rohstoffbeschaffung, Herstellung und Verkauf ihrer
nieder. R A 17 Produkte. Das 1245 gegründete Leutschau stieg
zum politischen, wirtschaftlichen und kulturellen
Die Zips umfasste am Ende der großen Mittelpunkt der Zips auf und wurde 1321 königliche
Ansiedlungswelle um die Mitte des 14. Jahrhunderts Freistadt. Seine Handelsbeziehungen reichten bis nach
24 königliche Städte und 43 Dörfer. Käsmark und Konstantinopel, Danzig und Brügge. Es wurde auch
Leutschau waren ihre Hauptorte. das Nürnberg der Zips genannt. R A20

1271 erhielten die Zipser Sachsen von König Der Aufstieg der Zips wurde allerdings im 15.
Stephan V. einen Freiheitsbrief, der sich inhaltlich Jahrhundert unterbrochen. König Sigismund
in wesentlichen Teilen mit dem Freiheitsbrief der verpfändete 1412 13 der 24 Zipser Städte an seinen
Siebenbürger Sachsen deckte. Hier ging es auch um Schwager, dem Polenkönig Władysław Jagiełło für
die weltlichen und kirchlichen Selbstverwaltungsrechte 88 kg Gold, mit dem er seinen Krieg gegen Venedig
in Form der freien Richter- und Pfarrerwahl. Das finanzierte. Die Verpfändung endete erst 350 Jahre
mitgebrachte Gewohnheitsrecht blieb auch hier gültig. später während der Herrschaft von Maria Theresia im
Im Namen des Königs amtierte ein Graf in Leutschau, 18. Jahrhundert.

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