Page 8 - Geschichte der Deutschen in Ungarn
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1 Deutsche im mittelalterlichen Ungarn

Deutsche im mittelalterlichen Ungarn

Die Folgen der Streifzüge: Ritter und Kaufleute, die westliche Werte, Lebensformen
deutsche und ungarische und Institutionen nach Ungarn brachten. R A3
Staatsbildung
Stephans Krönung zum
Die Landnahme durch die magyarischen Stämme am ersten ungarischen König
Ende des 9. Jahrhunderts führte zu einer Neugestaltung
der politischen und ethnischen Landkarte im Donau- Der Sohn des Großfürsten, Vajk erhielt mit seiner
Karpatenbecken. Infolge der Angriffe der Mährer und Taufe den Namen des Passauer Kirchenpatrons
Magyaren kam es in dieser Zeit zur Zerstörung der Stephan. Stephan heiratete um 995 die Prinzessin Gisela
ostfränkischen Markgrafschaften. Im 10. Jahrhundert von Bayern, die Schwester des römisch-deutschen
drangen die Magyaren bis Spanien und Süditalien, Kaisers Heinrich II. aus der sächsischen Kaiserdynastie.
Westfrankreich und Norddeutschland vor und R B3
wurden oft genug von den miteinander rivalisierenden
Fürsten zum Angriff auf ihre jeweiligen Gegner Ein deutscher Chronist und Zeitgenosse Stephans,
instrumentalisiert. Die Magyaren plünderten 926 das Bischof Thietmar von Merseburg schrieb die Schenkung
reiche Kloster St. Gallen aus, was ihnen einen üblen Ruf der Krone an Stephan I. dem Kaiser Otto III. zu, mit der
verlieh. „Befreie uns o Herr von den Pfeilen der Ungarn“ war Stephan I. am Neujahrstag 1001 gekrönt wurde.
ein weit verbreitetes Stoßgebet. R B 1 B 2 T 1 A1
Nach der Gründung des ungarischen Staates
Diese Angriffe haben jedoch zum Aufbau von durch Stephan I. kamen erneut in größerer Zahl
staatlich-militärischen Einrichtungen und zur deutschsprachige „Hospites“ (Gäste) in das Königreich,
Institutionalisierung des aus dem ostfränkischen Reich insbesondere Ritter, Bauern, Bergleute, Kaufleute,
entstandenen deutschen Königtums beigetragen. Die Handwerker, Geistliche und Mönche. Letztere spielten
Niederlagen der Ungarn 933 bei Merseburg und 955 bei der Bekehrung der Ungarn zum christlichen Glauben
bei Augsburg führten auch im Karpatenbecken zu um die Jahrtausendwende eine bedeutende Rolle, die
ähnlichen staatsbildenden Vorgängen. RT2, A2 anderen stärkten die Zentralgewalt des Königs, halfen das
Diese Niederlagen zwangen nämlich die Ungarn zu einer Land zu besiedeln, es zu verteidigen und wirtschaftlich zu
umfassenden Neuorientierung, konzentriert darauf, sich erschließen, fruchtbar zu machen. R A 4
in das Abendland sowohl politisch als auch kulturell
einzugliedern und ihre Stammesverfassung aufzugeben. Zur Gefolgschaft der Königin Gisela gehörte der
973 schickte der ungarische Großfürst Géza (972-997) deutsche Ritter „Venzelin“ aus Wasserburg, der an der
eine Gesandtschaft nach Quedlinburg zum Kaiser Otto Spitze der königlichen Heeres stand. Andere Ritter
I. (König ab 936, Kaiser 962-973), um ihm zu huldigen begründeten die Sippen Balog, Gutkeled, Győr, Hahót,
und mit dem 962 gegründeten Heiligen Römischen Reich Hermány, Hont-Pázmány und Ják.
Frieden zu schließen. Danach kamen Missionare, Adelige,

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